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Alt 05.12.2014, 16:02
Brooklyn
 
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Standard "Sex" aus Sicht der katholischen Kirche

Lobpreis im Bett
In dem Buch "Frosch trifft Prinzessin" von Joshua Harris stehen ein paar ganz ungewöhnliche Sätze, die ich - zu Beginn - einfach mal zitieren möchte: «Gott feiert reinen Sex in der Ehe und lädt uns ein, das auch zu tun. "Welche heiligere Form des Feierns haben wir schon als die körperliche Liebe?" fragt Douglas Jonas. Er schreibt, dass das Ehebett nicht nur ein Ort der Befriedigung körperlicher Bedürfnisse sein sollte, sondern auch ein Ort, wo man sich an der geheimnisvollen Schönheit dieser Bedürfnisse erfreut. Warum hat es Gott wohl gefallen, uns mit weicher Haut, runden Brüsten, festen Muskeln, zum Ineinanderschlingen geeigneten Beinen und küssbaren Mündern zu erschaffen?

Ja, warum? Die Antwort ist: Uns zur Freude und Ihm zur Ehre. Denn er ist sehr, sehr gut. Er hätte den Fortpflanzungsakt so kurz und langweilig wie ein Niesen machen können. Stattdessen hat er ihn zum größten Thrill aller Zeiten erkoren. Und wenn ein Mann und eine Frau sich an diesem Geschenk erfreuen und Gott dafür danken, dann geben sie Ihm die Ehre. Sex wird zu einem wunderschönen Zwei-Personen-Lobpreis-Gottesdienst!

Um ein tolles Sexleben zu haben, müssen wir begreifen, dass die Bibel Sex in keiner Weise als abstoßend, sündig oder heikel ansieht, sondern dass wir Gottes ursprüngliche Idee von erfüllter Sexualität so sehr lieben müssen, dass wir den Umgang unserer Welt damit als Perversion erkennen. "Genießt reinen Sex!" ruft Gott praktisch in Sprichwörter 5, 18-19: "Freue dich an der Frau, die du jung geheiratet hast... Ihre Brüste sollen dich immer berauschen, in ihren Armen kannst du dich selber vergessen."

Berauschen, sich selbst vergessen... das klingt nicht gerade nach Langeweile, oder? Gott legt uns nahe, uns am Körper unseres Partners zu erfreuen, uns ganz hinzugeben, ohne Vorbehalte und Rückversicherung.»

Wow... und so etwas steht auf einer katholischen Website?
Ja, auf einer katholischen Website! Weil das, und nichts Anderes die katholische (und hoffentlich auch allgemein christliche) Sicht der Sexualität ist. Klar, in der Presse, im Fernsehen und in den Laberkreisen (von der Runde auf dem Schulhof über den Kaffeeklatsch bis hin zum Stammtisch) wird ein anderes Bild der Kirche verbreitet: Da sind die katholischen Spaßbremsen gegen alles, was Freude macht, am besten noch gegen die Sexualität selbst. Angeblich sagen die erzkonservativen Katholiken: «Gut, dass der Sex wenigstens noch eine Funktion hatte, sonst wäre er wohl schon ganz verboten worden...» - Nun, es wird Zeit, damit ein wenig aufzuräumen. Fangen wir damit an.

Die andere Seite der Medaille
Es scheint ausgemachte Sache, dass die katholische Kirche «allergisch» auf alles Sexuelle, Körperliche und Lustvolle reagiert. Die katholische Kirche ist leibfeindlich; weil sie nur aus alten Männern besteht, verdirbt sie den jungen Leuten den Spaß; sie will nichts von dem wissen, was Spaß macht - und hat erwiesenermaßen auch keine Ahnung davon.» Wenn sie das leugnen will, dann braucht man erst gar nicht zuhören: Dass Kirche und Sexualität wie Feuer und Wasser ist, gehört zu den gesicherten Erkenntnissen der heutigen Zeit. Dagegen kann sich die Kirche nicht wehren, weder sachlich - noch lautstark, nicht liebevoll - und auch nicht, indem sie dieses Thema einfach totschweigt. Sie hat von vorne herein verloren. Es sei denn - ihr wollt der Kirche glauben. Für solche, aufgeschlossenen Leute ist dieser Artikel gedacht. Für alle anderen macht es keinen Sinn.

Was aber kann die Kirche machen? Gegen die, die sie als "leibfeindlich" und als "Anti-Sex-Kirche" verleumden? Strafanzeige erstatten?

Nein, vor Gericht werden wir Katholiken wohl kaum ziehen, und es würde auch keinen Sinn machen. Es gibt einen viel besseren Weg: Den Stier bei den Hörnern packen und frisch, fromm, fröhlich und frei von unserer Sicht der Sexualität sprechen. (Leider glauben viele Katholiken und Seelsorger, sie könnten dieses Thema totschweigen, bis sich die Gerüchte von selbst legen. Manche behaupten, wenn sie darüber predigen würden, würde keiner mehr zuhören. Dumm, denn das heizt die Gerüchteküche nur noch mehr an. Nein, wir sollten nicht schweigen; wir haben doch soviel zu sagen zu dem Suchwort Nr. 1 bei Google: "Sex").

Okay, es hat Zeiten gegeben, in denen das Sprechen von allem, was die Sexualität betraf, strengstens verpönt war. Und natürlich wollte man davon dann erst recht nichts in der Kirche hören. Leider hat in solchen Zeiten die Kirche nicht die Stimme besonders lautstark erhoben, sondern sich sehr oft den Strömungen der Zeit angepasst (aber seien wir ehrlich: Das tut sie heute auch manchmal noch, und wir machen da mit...). Im Nachhinein ist es vollkommen unmöglich, eine eindeutige Schuldzuweisung für solche Schwachzeiten der öffentlichen Moral vorzunehmen: War die Kirche Opfer oder Täter von leibfeindlichen Tendenzen?

Allerdings hat sich die eigentliche Sicht der Sexualität als "Gottes genialer Gabe" nie ganz unterkriegen lassen; das Lehramt der Kirche hat sich (gott-sei-dank) von diesen Zeitgeistern nicht vernebeln lassen: Sowohl früher als auch heute ist der Kirche die Leibfeindlichkeit suspekt:

Thomas von Aquin verurteilt scharf die Verteufelung alles Sinnlichen. Alles Sinnliche als Werk des Teufels zu verdammen sei ein «Laster der Unsinnlichkeit». (Hätten das die Toten Hosen bei der Abfassung ihres Liedes «Kein Alkohol (ist auch keine Lösung)» gewusst, hätten sie nicht "Vatikan und Taliban" in einem Atemzug genannt - auch wenn ihnen dadurch ein schöner Reim abhanden gekommen wäre).

Im 4. Jhdt. wurden alle Kleriker des Amtes enthoben, die sich der Leibfeindlichkeit schuldig gemacht haben. «Wenn sich jemand der Speisen oder der Ehe enthält und zwar nicht aus Askese, sondern aus Abscheu, oder weil er vergessen hat, dass Gott die Schöpfung gut gemacht hat, und blasphemisch die Schöpfung schlecht nennt, so lasse er sich eines Besseren belehren oder ist abzusetzen.»

Und auch Paulus sagt genau das Gleiche in 1 Tim 4: «In späteren Zeiten werden manche vom Glauben abfallen; sie werden sich betrügerischen Geistern und den Lehrern von Dämonen zuwenden, getäuscht von heuchlerischen Lügnern, deren Gewissen gebrandmarkt ist. Sie verbieten die Heirat und fordern den Verzicht auf bestimmte Speisen, die Gott doch dazu geschaffen hat, dass die, die zum Glauben und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangt sind, sie mit Danksagung zu sich nehmen. Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, wenn es mit Dank genossen wird.»

Keine katholische Ehe ist unauflöslich, wenn Sie nicht von den Eheleuten durch den Geschlechtsverkehr ("ehelicher Akt") vollzogen wird. Damit steht die katholische Kirche weit und breit (und das schon seit 2000 Jahren) als einzige Religion da, in der Sex zum Vollzug eines Sakramentes gehört.

Vielgeschmäht ist auch die Tatsache, dass junge Mütter nach Ihrer Geburt hinten in die Kirche zum Pfarrer kommen mussten, der sie "aussegnete", damit sie wieder am Gottesdienst teilnehmen konnten. Faszinierend, dass dieser Brauch erst als deutliches Anzeichen der Diskrimierung der Frau und der Sexualität gewertet wurde, als keiner mehr verstand, worum es eigentlich ging!
Das Wort "ausgesegnet" bedeutet nichts anderes, als dass der Muttersegen der letzte Segen in einer Reihe von mehreren Segenswünschen rund um die Geburt war. Von einem Priester sagt man nach seiner Weihe gelegentlich, dass er nun (nach den Vorstufen und der Diakonenweihe) "ausgeweiht" wurde. "Aussegnung" ist und bleibt ein Segensspruch, ein Gutheißen dessen, der gesegnet wird. Der Geschlechtsverkehr (als Vollzug des Ehesakramentes), die Schwangerschaft, die Geburt, die Taufe und schließlich die Mutterschaft wird durch eine Reihe von Segenssprüchen durch den Priester begleitet und "gutgeheißen". (Dass manche Mutter glaubte, vor diesem letzten Segen nicht am Gottesdienst teilnehmen zu dürfen, ist allerdings ein Missverständnis und hat sicher zu dem Gefühl der Diskriminierung beigetragen - obwohl dieser angebliche Ausschluss nie zur Verkündigung der Kirche gehört hat). Für Leibfeindlichkeit gibt es da einfach keinen Platz. - Im Grunde schade, dass dieser Brauch abhanden gekommen ist; denn gerade dadurch hat die Kirche über Jahrhundert deutlich gemacht, wie sehr sie die Sexualität hochschätzte.

Apologetik nennt man die Kunst der Verteidigung - und ich weiß nicht, ob ich sie gut beherrsche. Deshalb möchte ich die "historische Beweisaufnahme" hiermit vorläufig abschließen, da es mir weniger auf das ankommt, was irgendwer irgendwann einmal gesagt hat. Viel wichtiger ist mir, wie die Kirche bis auf den heutigen Tag zur Geschlechtlichkeit und Sexualität des Menschen steht. Falls Du, lieber Leser dieser Zeilen, der Meinung bist, dass ich die angebliche Negativ-Liste der "Leibfeindlichen Ausrichtung der Kirche" allzu leichtfertig übergehen und die Sachlage doch eher zu Ungunsten der Kirche ausfällt, so können wir uns gerne per eMail weiter unterhalten. Schreibe mir ruhig. In dieser Katechese möchte ich jetzt allerdings von der Apologetik zum eigentlichen Thema wechseln.

Es wird Zeit, dass wir zur Sache kommen.
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