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Alt 12.05.2014, 12:09
Caka_Bey
 
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Standard "Bitte lächeln!" – 14-Jährige misshandelt und gefilmt

Im niedersächsischen Wilhelmshaven haben drei Jugendliche ein Mädchen zusammengeschlagen. Etliche schauten tatenlos zu und hielten die Kamera drauf. Von der Brutalität ist selbst die Polizei entsetzt.

Sie treten sie mit Füßen. Ins Gesicht, auf den Kopf, immer wieder. Sie liegt schon am Boden, versucht verzweifelt, das Gesicht mit den Händen zu schützen. Sie wimmert. Die anderen kennen keine Gnade, machen weiter, verspotten sie. "Bitte lächeln!", sagt ein Mädchen. Irgendjemand droht: "Wenn du meinen Namen nennst, bring ich dich um!"

Die Szene ist nicht aus Hollywood. Die Szene ist aus Wilhelmshaven und so real wie der Schmerz und die Angst, die das 14-jährige Mädchen erlitten hat, das am 5. Mai in der Eisenbahnstraße der niedersächsischen Hafenstadt von anderen Jugendlichen brutal verprügelt wurde. Doch die Täter sind nicht nur die Schläger, sondern auch jene, die dabeistanden, nicht halfen, dumme Sprüche machten – und das Ganze auch noch filmten.


Jetzt ist das schockierende Video von dem Überfall in der Wilhelmshavener Eisenbahnstraße im Netz aufgetaucht. Für das 14-jährige Opfer, das drei Tage lang im Krankenhaus behandelt werden musste, ist das eine zusätzliche Demütigung. Der Film hat die Polizei aber auch auf die Spur der Täter gebracht: Drei Mädchen und ein Junge zwischen 15 und 17 Jahren. Am Donnerstag wurden sie neben dem Opfer und den Zeugen vernommen.

Gegen die mutmaßlichen Schläger wird ermittelt. Dabei geht es nicht nur um Körperverletzung, sondern auch um Raub. Bei einer Wohnungsdurchsuchung bei der 17-Jährigen hatte die Polizei das Handy gefunden, das dem Opfer während des Überfalls aus der Handtasche genommen wurde. Außerdem ermittelt die Polizei Wilhelmshaven wegen unterlassener Hilfeleistung. Dass andere zuschauten, wie das Mädchen misshandelt wurde, dokumentierten die Videosequenzen, ließ die Polizeipressestelle Wilhelmshaven verlauten. Und das erkennt auch, wer sich das Video ansieht. Irgendjemand muss ja die Kamera draufgehalten haben.

Aufruf zur Selbstjustiz führt beinahe Massenschlägerei

Gewalt unter Jugendlichen gehört zum Alltag. Die Ausmaße dieses Vorfalls entsetzen aber selbst die Polizei. "Das Vorgehen ist sehr brutal gewesen und hat uns insgesamt sehr erschreckt", sagte Andrea Papenroth, Sprecherin der Polizei Wilhelmshaven dem NDR.

Mittwochabend wäre es aufgrund des Prügel-Videos möglicherweise zu einer großangelegten Selbstjustizaktion gekommen, wenn die Polizei nicht eingegriffen hätte: Wilhelmshavener hatten in dem Video den jungen Mann erkannt, der bei der Prügelaktion beteiligt war und über Facebook dazu aufgerufen, ihm einen Denkzettel zu verpassen.

40 Menschen trafen sich vor dem Mehrfamilienhaus, in dem er lebt. Eine Tür wurde zerstört. Bevor Schlimmeres passieren konnte, kam die von Anwohnern alarmierte Polizei. Sie musste über Lautsprecher die aufgebrachte Menge beruhigen und einen Straßenabschnitt sperren. Ermittelt wird jetzt auch wegen des Aufrufs zur Selbstjustiz.

Eine Stadt kämpft gegen die Gewalt

In Wilhelmshaven reagiert man geschockt auf die eskalierende Gewalt. Auf der Facebook-Seite "Wilhelmshaven gegen Gewalt" haben bereits Tausende Bürger der Stadt gegen den Übergriff auf die 14-Jährige ebenso protestiert wie gegen die Aufforderung, sich an dem jugendlichen Täter zu rächen. Für die kommende Woche ist eine Anti-Gewalt-Demonstration im Rahmen eines Flashmobs in der Innenstadt geplant.

Unter Jugendlichen aller Bildungsschichten nimmt die Verbreitung von Gewaltvideos über Smartphones deutlich zu. "Snuff-Videos" heißen die Filme, "snuff" steht hier für auslöschen. Brutalität wird zum Spiel, das im "Happy-Slapping" seinen denkwürdigen Höhepunkt findet.

Bei diesem "Fröhlichen Schlagen" wird einerseits Gewalt in Szene gesetzt, andererseits werden tatsächliche Gewaltszenen wie die von Wilhelmshaven mit der Handykamera aufgenommen und im Netz verbreitet. Jeder dritte Junge und jedes vierte Mädchen soll bereits mit diesem denkwürdigen Zeitvertreib in Berührung gekommen sein.

Zu den Schmerzen kommt die Demütigung

Erst im Januar sorgte ein Video für Aufsehen, in dem zwei jugendliche Mädchen auf einem Spielplatz in Berlin-Kreuzberg eine 13-Jährige brutal zusammenschlugen. Auch diese Aufnahme wurde ins Internet gestellt. Kurze Zeit später tauchte ein weiteres Video auf, das zwei Mädchen bei einem Gewaltexzess zeigt.

Neben den körperlichen Schmerzen und Verletzungen sind es die psychischen Folgen, unter denen die Opfer leiden. Das Trauma, das dazu führt, mit der Angst vor einem neuen Angriff leben zu müssen, der Verlust des Vertrauens in eine wohlmeinende Umwelt – das ist das eine. Das andere ist die Demütigung, die erniedrigende Erfahrung, als Opfer vorgeführt zu werden. Und das nicht nur vor den Jugendlichen, die während des Übergriffs tatenlos zusehen oder sogar noch anfeuern, sondern vor der ganzen Welt des Internets.

Die Ermittlungen in Wilhelmshaven laufen auf Hochtouren. Fest steht, dass sich Opfer und Täter kennen. In welcher Beziehung sie zu einander stehen, will die Polizei noch nicht sagen.

http://www.welt.de/vermischtes/promi...#disqus_thread
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